«Alle Lebensmittel sind erlaubt»: Ernährung bei Krebs

Was ist sinnvoll und was tut gut? Diese Frage steht in der Ernährungsberatung am ZIO jeweils im Mittelpunkt und wird mit den Patientinnen und Patienten individuell beantwortet. Es geht um die Lebensqualität mitten in der Krankheit und Therapie.

Mit einer Erkrankung wie Krebs rückt für Betroffene auch immer die Frage nach der «richtigen» Ernährung ins Zentrum. Sie spielt begleitend zur Therapie eine wichtige Rolle. «Oft ist die Ernährung für die betroffenen Menschen die einzige Möglichkeit, selbst im gesamten Therapieprozedere mitzuwirken», sagt Jelina Linder. Sie ist Ernährungsberaterin und -therapeutin BSc SVDE und begleitet die Patientinnen und Patienten am ZIO. Auch für Nahestehende und Angehörige von Krebsbetroffenen sei das Thema Ernährung wichtig, weil sie ihre Liebsten hier konkret unterstützen und begleiten können, sagt sie.

Die Ernährungsberatung soll Krebsbetroffenen in erster Linie helfen, den Nährstoffbedarf zu decken und die Lebensqualität zu steigern. In der individuellen Beratung und Begleitung lässt sich am besten eruieren, wie die betroffene Person mit der Ernährung diese Ziele erreichen kann.

Therapie stärken, Nebenwirkungen mindern

Auch wenn sie keine alleinstehende Therapieform ist, ist die Ernährungsberatung ein sehr wichtiges Element in der ganzheitlichen Betreuung und Therapie. «Massnahmen im Bereich der Ernährung können den Therapieerfolg bei Krebs massgeblich beeinflussen und unerwünschte Nebenwirkungen lindern helfen», so Linder.

Hinzu kommt, dass eine Krebserkrankung und oft auch die Krebstherapie den Nährstoffbedarf erhöht. «Das Immunsystem arbeitet auf Hochtouren. Darum braucht der Körper in den meisten Fällen mehr Nährstoffe, insbesondere mehr Proteine», weiss die Ernährungsberaterin. «Wenn dieser zusätzliche Bedarf nicht gedeckt wird, dann nehmen viele Betroffene an Gewicht und Muskelmasse ab. Das wirkt sich negativ aus auf das Befinden, aber auch auf den Therapieerfolg.» Nicht selten entsteht sogar eine Mangelernährung, was zur Folge hat, dass die Krebstherapie unterbrochen werden muss.

Seriöse allgemeingültige Empfehlungen für die Ernährung bei Krebs gibt es nicht. Jelina Linder rät gerade deshalb dazu, sich nicht nur online über das Thema zu informieren, sondern sich individuell beraten zu lassen. Die einzige Devise, die Linder wichtig ist: «Alle Lebensmittel sind erlaubt.» Es gehe immer um die Menge und Häufigkeit.

«Es gilt immer, ganz spezifisch mit der Patientin oder dem Patienten zusammen herauszufinden, was sinnvoll ist und guttut. Sowohl aus der medizinischen als auch aus der persönlichen Perspektive.»

Jelina Linder, Ernährungsberaterin und -therapeutin BSc SVDE

«Man kann den Krebs nicht aushungern»

Ein Mythos begegnet der Ernährungsberaterin immer wieder: Zucker würde den Krebs «füttern» und man müsse deshalb ganz auf Zucker verzichten. Empfehlungen im Internet reichen vom Verzicht auf Kristallzucker bis zum gänzlichen Verzicht auf alle Kohlenhydrate, also Zuckerarten wie Stärke, Fruchtzucker oder Milchzucker.

«Man kann den Krebs nicht aushungern – nicht durch Fasten und auch nicht durch den gezielten Verzicht auf Zucker», so Linder. Im Gegenteil sei es nicht ratsam, ganz auf Kohlenhydrate zu verzichten. «Genau genommen ernähren sich alle Körperzellen von Zucker», sagt sie. Daher rühre wohl auch dieser Ernährungsmythos. Das heisst, wer über längere Zeit auf Kohlenhydrate verzichtet, hungert auch die gesunden Körperzellen aus. «Den gesunden Körper zu schwächen, ist aber natürlich gerade bei einer Krebserkrankung nicht das, was wir wollen. Sondern wir wollen den gesunden Anteil stärken.» Richtig sei, dass der Blutzuckerspiegel wichtig sei. In der Ernährungsberatung am ZIO werde dieser immer unter die Lupe genommen und wo möglich optimiert. Diese Optimierung kann auch Fastenzeiten oder eine Reduktion der Kohlenhydrate beinhalten. Aber auch da gehe man individuell heran und es werde nicht ganz auf Zucker und Kohlenhydrate verzichtet.

Individuell verlaufen auch die Beratung und Ernährungsumstellung. Für viele seien drei Mahlzeiten täglich mit vollwertigen Kohlenhydraten, einem hohen Gemüseanteil und einer Proteinkomponente wichtig. Je nach Krankheitsbild, Stadium, Lebensumständen und individuellen Bedürfnissen können auch Zwischenmahlzeiten oder aber ein Intervallfasten sinnvoll sein. «Es gilt immer, ganz spezifisch mit der Patientin oder dem Patienten zusammen herauszufinden, was sinnvoll ist und guttut. Sowohl aus der medizinischen als auch aus der persönlichen Perspektive.» Auch die Umsetzbarkeit einer Ernährungsumstellung im Alltag sei ein relevanter Faktor, der in der regelmässigen Beratung besprochen werde. Immer sei der Blick auf die aktuelle Lebensqualität wichtig. «Wir fragen uns: Was hilft jetzt diesem individuellen Menschen physisch und seelisch?» Gerade dieser integrative und ganzheitliche Ansatz ist Jelina Linder sehr wichtig in ihrer Arbeit.

Ein völlig neues Lebensgefühl

Besonders berührt hat sie die Geschichte eines Patienten, der sich nach dem Verlust seiner Frau und mit der eigenen Diagnose im Leben neu zurechtfinden und sich auch mit seiner Ernährung auseinandersetzen musste. Am ZIO war er in der Onkologischen Trainingstherapie, zu der auch die regelmässige Ernährungsberatung gehört. Der Patient machte eine eindrückliche Entwicklung durch. «Die Bewegung und die Anpassung der Ernährung sorgten für ein völlig neues Lebensgefühl», so Linder. Innerhalb von sechs Monaten steigerte sich seine Lebensqualität enorm. «Er war wahnsinnig dankbar für die Unterstützung und brachte das auch zum Ausdruck. Sein Strahlen bleibt mir sehr in Erinnerung.»

Jelina Linder
Ernährungsberaterin und -therapeutin BSc SVDE

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